Vorsorgerecht
Mit der steigenden Lebenserwartung der Menschen nimmt auch die Sorge zu: was geschieht, wenn man die letzten Lebensjahre nicht in bester Gesundheit und geistiger Klarheit verbringen kann? Was geschieht, wenn man nicht mehr in der Lage sein sollte, für sich selbst zu entscheiden?
Nach wie vor gehen viele Menschen davon aus, dass
- Der Ehepartner automatisch vom Gesetz bevollmächtigt ist und für den anderen im Ernstfall entscheiden kann.
- Wenn der Partner auch nicht mehr entscheiden kann, können auch die Kinder oder nächste Angehörige entscheiden.
Das trifft jedoch nicht zu! Wer aufgrund von Krankheit oder fortschreitender Demenz nicht mehr geschäftsfähig ist, benötigt einen Vertreter gem. §164 ff. BGB. Ehepartner und/oder Familie sind nicht automatisch Vertreter im Sinne des Gesetzes, sondern sie brauchen eine entsprechende Vollmacht.
Um Vorsorge zu treffen für den Fall, dass Sie nicht mehr selbst entscheiden können, gibt es:
Betreuungsverfügung
Mit einer Betreuungsverfügung kann man, für den Fall der eigenen Hilfsbedürftigkeit oder Geschäftsunfähigkeit, gegenüber dem Amtsgericht als Betreuungsgericht, Wünsche hinsichtlich der Person des Betreuers äußern und zusätzlich angeben, wie die Betreuung geführt werden soll. Damit hat die in der Betreuungsverfügung benannte Person aber noch keine Handlungsbefugnis. Das Betreuungsgericht muss diese Person erst zum gesetzlichen Betreuer bestellen.
Ein Betreuer vertritt die betreute Person im Rahmen des Aufgabenbereichs, der ihm vom Gericht zugewiesen wird. Er ist verpflichtet einen jährlichen Bericht gegenüber dem Betreuungsgericht abzugeben und Nachweise vorzulegen.
Eine Betreuungsverfügung muss schriftlich abgefasst werden, sie sollte den Namen, den Geburtstag und die aktuelle Anschrift des Verfassers enthalten, sowie ein Datum und eine Unterschrift.
Man kann die Betreuungsverfügung bei seinen Unterlagen aufbewahren oder einem Angehörigen oder einer Person seines Vertrauens zur Aufbewahrung übergeben.
Vorsorgevollmacht
Mit der Vorsorgevollmacht kann man im Voraus einen oder mehrere Vertrauenspersonen bevollmächtigen, seine Angelegenheiten zu erledigen und Entscheidungen zu treffen, wenn man dies infolge von Krankheit, Unfall oder altersbedingtem Nachlassen der geistigen Kräfte nicht mehr kann.
Diese Vertrauenspersonen können in vermögensrechtlichen Angelegenheiten gerichtlich und außergerichtlich die Interessen des Vollmachtgebers wahrnehmen, aber auch im persönlichen / gesundheitlichen Bereich Entscheidungen treffen, z.B. bezüglich ärztlicher Behandlungen, Operationen und dem in einer Patientenverfügung festgelegten Willen des Vollmachtgebers Geltung verschaffen.
Eine Vorsorgevollmacht sollte mindestens schriftlich abgefasst werden, noch besser notariell beglaubigt oder beurkundet werden - vor allem wenn sich Immobilien im Vermögen befinden - und über den Tod des Vollmachtgebers hinaus gelten. Das erleichtert nach dem Erbfall den Umgang mit Banken, Grundbuchamt etc.
Der Bevollmächtigte benötigt das Original der Vollmacht, um für Sie handeln zu können.
Es gibt Möglichkeiten, sich vor dem Missbrauch einer solchen Vollmacht zu schützen, hier ist rechtliche Beratung zu empfehlen.
Auch wenn es Ärger mit der Vorsorgevollmacht gibt, sollten Sie sich rechtlich beraten lassen: Es wurden mehrere Vollmachten erteilt, es bestehen Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers, was tun bei Verdacht des Missbrauchs der Vollmacht?
Patientenverfügung
Für die Erstellung einer Patientenverfügung sollten Sie sich fachkundigen Rechtsrat einholen, denn viele Menschen kennen nicht wirklich den Unterschied zwischen Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung. Die Patientenverfügung trifft Anordnungen für die Zeit vor dem Tod und regelt ausschließlich Fragen der ärztlichen und pflegerischen Behandlung.
Die beste Patientenverfügung nutzt wenig oder nichts, wenn niemand da ist, der sie durchsetzt. Dazu benötigt man einen ausdrücklich dazu Bevollmächtigten, wenn man nicht mehr selbst entscheiden kann (Erteilung einer Vorsorgevollmacht).
Mit dem Beschluss vom 06.07.2016 (AZ XII ZB 61/16) hat der Bundesgerichtshof u.a. ausgeführt, dass eine Patientenverfügung nur dann unmittelbare Bindungswirkung entfaltet, wenn ihr konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung bevorstehender ärztlicher Maßnahmen entnommen werden können. Beispielsweise sei die Äußerung „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ nicht ausreichend. Es sollten bestimmte ärztliche Maßnahmen benannt werden, oder auf bestimmte Krankheiten oder Behandlungssituationen Bezug genommen werden, z.B. die Durchführung oder die Ablehnung bestimmter Maßnahmen, wie künstliche Ernährung oder Flüssigkeitszufuhr in konkreten Situationen.